Dienstag, 20. März 2012

Weltgeschichtentag


Es gibt tatsächlich einen Weltgeschichtentag und der ist heute. 2012 geht es um das Thema Bäume. Das greife ich gerne auf, um eine kleine Geschichte zu erzählen.


Vom Baum und der Kraft des Lebens

Man hatte ihn gefällt, aus dem Wald verschleppt und seiner majestätischen Krone beraubt. Die Äste hatten sie ihm gestutzt und seinen Stamm in Stücke zerlegt. Brennholz sollte er werden und so lag er nun da, bevor er weiter gespalten und aufgestapelt werden sollte, um zu trocknen.

An seinen offenen Schnittwunden konnte man die Jahresringe zählen. Viele Jahre hatte er im Wald gestanden, seine Wurzeln tiefer und tiefer in die Erde gegraben, um Kraft zu schöpfen und zu wachsen. Er war groß geworden und hatte seine Äste ausgebreitet, um die Welt zu umarmen. Jedes Jahr, wenn der Winter weiterzog, formte er neue Triebe, Blätter und Knospen. Er lächelte der Sonne entgegen und genoss ihre warmen Strahlen auf seiner Rinde. Zusammen brachten sie das saftigste Grün hervor, um die zurückkehrenden Vögel einzuladen. Im Schutz der Blätter bauten sie ihre Nester und zogen ihre Jungen groß. Der Baum liebte es, ihren Liedern und Melodien zu lauschen. Mit den Vögeln kamen auch andere Waldbewohner und lebten bei dem Baum. So verging Sommer um Sommer und in jedem Herbst sammelten die Eichhörnchen die Früchte des Baumes als Vorrat für den Winter. Die Vögel verabschiedeten sich und versprachen, im nächsten Frühjahr wieder zurückzukommen. Und der Baum schillerte in bunten Farben, bevor er seine Blätter im Spiel des Windes entließ. In der Winterruhe träumte er dann von den Liedern der Vögel, von den zarten Berührungen der Eichhörnchen, wenn sie an seinem Stamm rauf und runter kletterten, und von den ersten warmen Sonnenstrahlen.

Eines Morgens, als die Sonne gerade über den Hügel stieg, malte jemand einen großen farbigen Kreis auf die Rinde des Baumes. Später kamen sie mit lauten Sägen und Maschinen. Nun lag er da.

Und der Baum tat, was er in jedem Jahr tat, wenn der Winter weiterzog: Er formte neue Triebe und Blätter, weil Frühling war und er tief in seinem Innern das Leben spürte.