Wenn ich beim Spülen aus dem
Fenster sehe, fällt mein Blick auf diese Leiter. Sie hängt quer unterhalb der
Dachrinne des Nachbarhäuschens – ein Überbleibsel aus früheren
Tagen. Das kleine Anwesen war einmal ein Bauernhof mit Stall, Heuboden und
Scheune. Um die Leiter heute von ihren Haken zu nehmen, müsste man auf eine
zweite Leiter steigen, besser wäre noch eine dritte mit einem weiteren Helfer,
der am anderen Ende der alten Leiter anpackt. Vielleicht kam man damals auf
einem Pferdewagen oder Traktoranhänger stehend an die Leiter heran, um sie dann
als Aufstieg zum Heuboden zu benutzen. Vielleicht war es auch ganz anders und
sie wurde erst, als man sie nicht mehr brauchte, einfach dort an der Hauswand
entsorgt. Vielleicht stimmt auch das nicht oder aber beides ist wahr. Und wer
weiß, ob es nicht die ein oder andere Geschichte zu dieser Leiter gibt? Eine
Rettungsaktion für eine Katze in Not? Oder – wären wir in Süddeutschland, wäre das mehr als wahrscheinlich – ein
romantisches Abenteuer in einer lauen Vollmondnacht?
Jedenfalls regt sie meine
Phantasie an und entlockt mir ein Lächeln, diese alte, seit Jahrzehnten
unbeachtete Leiter da oben an der Mauer. Natürlich könnte ich die Besitzer
fragen, was es wirklich mit ihr auf sich hat. Aber das wäre nicht halb so interessant und
zauberhaft.
Immer um die Mittagszeit,
wenn die Wolken sie durchlassen, malt die Sonne eine Schattenleiter dazu – ein
für gewöhnlich unbemerktes Schauspiel. Dieses Mal finde ich es besonders schön und
mache ein Foto.