Samstag, 10. Mai 2025

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Ich glaube an die Kraft des Humors. Schon immer mochte ich den Eintrag einer Schulkameradin in meinem Poesiealbum, der sich von den anderen unterschied: "Humor ist der Knopf, der verhindert, dass dir der Kragen platzt." Der Spruch ist von Joachim Ringelnatz, einem Schriftsteller, den mein Vater mochte. In unserer Familie konnten wir herrlich albern sein und von Herzen miteinander lachen, bis meiner Mutter die Tränen über die Wangen rannen. Lachen ist befreiend, es entspannt die Muskeln und manche festgefahrene Situation.

Ich glaube nicht, dass es hundertprozentige Sicherheit gibt im Leben oder dass man sie erkaufen kann. "Sicher ist, dass nichts sicher ist. Selbst das nicht." – Nochmal Ringelnatz. Das heißt nicht, dass ich leichtsinnig bin und nicht wohl überlege und abwäge, bevor ich eine Entscheidung treffe, oder dass ich nicht auf Nummer sicher gehe.

Ich glaube an die Phantasie [ja, unbedingt mit Ph geschrieben, mit F sieht es in meinen Augen so fantasielos aus] und an die Kreativität, die so praktische Dinge hervorbringt wie das Rad, das Telefon oder die Sicherheitsnadel. Und was wären wir ohne Musik, Malerei, ohne Geschichten und Gedichte, die der Phantasie eines kreatives Geistes entsprungen sind, allein damit sie uns mitnehmen in eine Welt voller Möglichkeiten, Farben und Wesen.

Ich glaube an die Zähigkeit des Lebens. Zerbrechlich scheint es, doch nach Katastrophen – oft vom Menschen verursacht – holt es sich mit Beharrlichkeit sein Territorium zurück, wenn sich auf zerstörtem ödem Land ein Spross und bald ein zweiter und ein dritter durch die Erdkruste und der Sonne entgegenschiebt.

Ich glaube nicht, dass Schwarz-Weiß-Denken hilfreich ist oder jemals hilfreich war. Engstirniges oder einseitiges und ausschließendes Denken kennt keine Graustufen und erst recht keine Farben. Wie jammer-jammerschade, wo die Natur sich in einer Farbenpracht und Vielfalt verschwendet und viel mehr Möglichkeiten bereithält, als wir zu träumen wagen.

Ich glaube an die Freiheit, die Freiheit des Geistes, die Freiheit zu tun oder zu lassen. Ich glaube, dass die Freiheit nicht mir allein gehört, sondern dass ich sie teilen soll und darf mit allen Menschen auf der Welt.

Ich glaube an die Würde und an ihre Unantastbarkeit.

Ich glaube nicht, dass der Glaube allein Berge versetzen kann. Es braucht dazu noch ein mutiges Herz, zupackende Hände und, wie Paulus es an die Korinther schrieb, Liebe, möglichst viel davon.

Ich glaube an den Geist, an ruach, die im Hebräischen weiblich ist und die der Schöpfung ihren Atem einhaucht und lebendig macht.

Ich glaube an Jesus Christus, Gottes Sohn, der uns die Verheißung bringt und das Reich Gottes predigt, nicht nur vor 2000 Jahren, sondern auch heute, vor allem heute.

Und ich glaube an Gott, der oder die mich trägt in unsicheren und in schweren Stunden und mit mir lacht, wenn ich fröhlich und glücklich bin.