Liebe
Bahn,
ich bin sehr beeindruckt vom
Einfallsreichtum und den immer neuen Aktionen, mit denen wir Kunden unterhalten
werden. Heute durfte ich Teil eines Abenteuers
werden, das zu erleben mir bislang versagt war:
Auf dem Heimweg nach einem
kurzen Aufenthalt an einem der Unterwegsbahnhöfe, an dem unser Zug
freundlicherweise einem anderen den Vortritt ließ - wären doch nur alle so
rücksichtsvoll, die Welt könnte so viel besser sein - setzte der Zug seine
Fahrt fort, zog ein bisschen das Tempo an, um die leichte, altruistisch
bedingte Verzögerung aufzuholen, und - verfehlte die nächste Haltestation nur
ganz knapp, bremste abrupt, aber mit ganzer Kraft und kam endlich nur einige
Dutzend Meter hinter dem Bahnhof zum Stehen. Puh! Da standen wir nun. Die
Mitreisenden, die eigentlich aussteigen wollten und sich schon an der Tür
positioniert hatten, waren hin und her gerissen, ob sie sich dem Abenteuer tatsächlich
an dieser Stelle entziehen sollten. Für einige war die Verlockung zu groß und
sie nahmen wieder Platz, gespannt, was noch kommen sollte. Nach langem Warten
kam ein Knacken aus den Lautsprechern, eine Stimme meldete sich mit einer
Durchsage - einer dieser seltenen beglückenden Momente! "Wegen einer
technischen Störung verzögert sich die Fahrt auf ... es geht bald weiter."
Beruhigt lehnte ich mich zurück und zog ein paar Arbeitsblätter aus der Tasche,
immer gerüstet für alle Fälle. Nach einer weiteren Weile und einem kurzen
Knacken im Lautsprecher begannen die ersten Reisenden mit der Kontaktaufnahme
zur Außenwelt, informierten Familie und Freunde über Aufenthaltsort, Stand der
Dinge und erhoffte Ankunftszeit. Da plötzlich! Was keiner zu diesem Zeitpunkt
zu glauben gewagt hatte: Der Zug setzte sich in Bewegung, behutsam und langsam
tastete er sich durch die dunkle Nacht - Meter um Meter - zurück an den
verpassten Bahnhof. Schweren Herzens trennte sich hier ein Teil der Reisenden
und verließ den Zug, der nach weiterer Pause und rücksichtsvollem Vorbeilassen
eiliger Züge mutig seinen Weg in die ursprüngliche Richtung fortsetzte, um dann
aber doch wegen "technischer Störung - wir bitten, dies zu
entschuldigen" vorzeitig zwei Stationen vor dem Ziel aufgeben und enden zu
müssen. Ich war zuhause und beneidete die Weiterreisenden, die es in neue,
ferne Bahnabenteuer zog, fast ein bisschen.
Liebe Bahn, vielen Dank für
diese adventliche Erfahrung des Wartens. Jetzt kann Weihnachten kommen!