Freitag, 31. Oktober 2014

Übergang


Es ist die Nacht von Oktober auf November, der Weinmond wechselt zum Nebelmond. Für die Kelten ging nicht nur der Sommer, sondern auch das Jahr zu Ende. Sie dachten an die Seelen ihrer Vorfahren und glaubten an die Rückkehr der Geister in dieser einen Nacht. Und sie zu beschwichtigen, wurden Leckereien gesammelt und dargebracht.

Seit einigen Jahren schwappt dieser Brauch, zwischenzeitlich ausgewandert und amerikanisiert, über den Atlantik nach Europa zurück und erfreut sich – wie vieles, was "Uncle Sam" vormacht – immer größerer Begeisterung: Zu Halloween bevölkern Hexen, Vampire, Zombies und Gruselfans die Straßen mit immer skurrileren Auswüchsen, sodass die Polizei erhöhte Einsätze fährt, um der modernen Untoten Herr zu werden.




Die Untoten findet man im Duden zwischen untilgbar und untragbar. 
Mir kommt in den Sinn: Was er nicht weiter ertragen konnte oder wollte, formulierte Luther in 95 Thesen und Fragen und sandte sie Ende Oktober 1517 an seinen Kirchenfürsten. Daran erinnert die evangelische Kirche am Reformationstag. Und in der Erinnerung untilgbar bewahrt werden die Geschichten und Legenden vom Leben der Heiligen und Verstorbenen, an die in der katholischen Kirche an Allerheiligen und Allerseelen gedacht wird.

Die Feste ballen sich in diesen Tagen des Übergangs zwischen zehntem und elftem Monat, zwischen Tradition und Erneuerung und zwischen Tod und Leben. Mit lautem Gehabe übertönt das inzwischen so kommerzielle Halloween die Stille der beiden kirchlichen Feiertage.

Ich spüre, dass ich diesem neuen Trend nichts abgewinnen kann. Ich brauche weder Zuckerschock noch pseudolustige Streiche, noch eine weitere Kostümparty, um dort die Alltagshektik in Vergessenheit zu ertränken. Nicht lauter, schriller, schauerlicher! Ich möchte leise werden, nachdenklich und herausfinden, was ich zurücklassen und was ich mitnehmen will in die nächste Zeit.