Mittwoch, 15. März 2023

Nenn mir einen Grund, in der Kirche zu bleiben!


"Die Zukunft gehört Gott und den Mutigen." - So zitierte eine junge Frau, Mitglied des Synodalen Wegs, während der fünften Synodalversammlung im März 2023 Adolph Kolping. Die zweite Lesung des Handlungstexts "Verkündigung des Evangeliums durch Lai*innen in Wort und Sakrament" führte zu einer langen und kontroversen Diskussion. Am Ende wurde ein aus Bischofssicht "strategisch-kluges" Kompromisspapier beschlossen.

Das Ganze hat mich an meine Kindheit erinnert. Damals in der 6. Klasse wollten wir so gerne Messdienerinnen werden, aber der Pfarrer erlaubte es nicht. Seine Begründung stütze er auf das vatikanische Verbot: Jungen durften Dienst am Altar tun, also Messdiener werden, Mädchen nicht. Seine Lösung war: Die Mädchen konnten ja zu Kolping gehen. Das hat die Jugendarbeit in unserer Pfarrei für Jahre geprägt. Wir waren damals bereits eine Kolpinggruppe und von der strikten Haltung des Pfarrers sehr enttäuscht, zumal in Nachbarorten sehr wohl Messdienerinnen ihren Dienst taten.

Warum bin ich dennoch in dieser hierarchisch und ständisch verfassten, krisenbelasteten Kirche geblieben, die mir schon früh und immer wieder Illusionen genommen hat? 

Zum einen, weil gute Menschen mich den Glauben gelehrt haben: meine Eltern, meine Großeltern, meine Familie. Sie haben mich mit Liebe und Geborgenheit umgeben, mich unterstützt und mir Halt gegeben. Sie haben mich auch in die Kirche mitgenommen und mir ein Gottvertrauen vorgelebt und geschenkt, das mich durch manch schwere Zeit getragen hat. Wir haben über Gott und die Welt geredet und sie gemeinsam erlebt. Später haben Begegnungen bei Kolping mich geprägt, auch dort konnte ich mich entfalten und zu der Person werden, die ich heute bin.

Und zum anderen, weil ich denen, die keine Veränderung der Kirche wollen, das Feld nicht überlassen will. Mit Vielen will ich Stimme der Veränderung sein. Die 2000-jährige Kirchengeschichte zeigt, dass Kirche sich immer verändert, um Wahrheit und Wahrhaftigkeit gerungen und aus schweren Fehlern gelernt hat. Wenn die Rede vom Bauen am Reich Gottes ist, dann stelle ich mir kein Gefängnis, keine Mauern vor, sondern ein helles, weites Land, in dem ich atmen kann.
Verharren in destruktiven Strukturen, Stillstand sind Tod. Leben ist Veränderung, Wandlung, Erneuerung. Das sehen und erleben wir jetzt im Frühling. In Gottes wunderbarer Schöpfung wächst, grünt und blüht es. Das wünsche ich mir auch für unsere Kirche: dass sie ihre Buntheit und Vielfalt lieben lernt, dass sie allen Geschöpfen Gottes mit gleichberechtigtem Respekt begegnet, dass sie Fesseln löst und Entfaltung ermöglicht und dass sie frohmachende Botschaften verkündet. Dafür hat Jesus den Tod überwunden und uns den Weg hin zu einem Leben in Gottes überfließender Liebe gezeigt.