Mittwoch, 27. Oktober 2021

In den Mund gelegt


anlässlich "30 Jahre Seligsprechung Adolph Kolpings"
(Pontifikalamt im Trierer Dom)


Gestatten, dass ich mich vorstelle. Vielleicht haben Sie mich auch schon erkannt.
Adolph Kolping, Priester mit besonderer Berufung!

Sie – oder vielleicht darf in guter Tradition sagen – ihr seid heute zusammengekommen, weil der Heilige Vater mich vor 30 Jahren zum Seligen erhoben hat. Wie heißt es in dem Gesetzestext für solche Verfahren: "Unter ihnen wählt Gott in jeder Zeit viele aus, damit sie, die dem Vorbild Christi in besonders enger Weise nachgefolgt sind, durch Vergießen ihres Blutes oder durch heroische Tugendübung ein vorzügliches Zeugnis für das Himmelreich ablegen." 

Nun, Märtyrerblut habe ich nicht vergossen und auch heroisch möchte ich mich selbst nicht nennen, aber die Tugenden des Christentums waren mir tägliche Übung und Richtschnur für mein Leben. Das habe ich in meiner eigenen Familie mit 4 Geschwistern, liebenden Eltern und einem nur allzu gütigen Großvater erfahren, verinnerlicht und es in meinen Gesellenvereinen den jungen Menschen ans Herz gelegt. Stets hat mich die Botschaft Jesu inspiriert, mir Ideen eingegeben, wie ich die Sorge für die Menschen in Not umzusetzen hätte in Taten, auf dass es deutlich werde, dass alle Menschen einer weltweiten Familie angehören. Darum bin ich mit dem Gesellenverein nicht in Elberfeld geblieben, sondern habe sogleich dort wieder einen Verein gegründet und Häuser für die Gesellen eröffnet, wo meine Lebenswege mich hinführten. Letztlich dienten die Stationen als Schustergeselle, als spätberufener Gymnasiast, Student und schließlich Priester nur dem einen großen Ziel: Gott und den Menschen zu dienen. Die Menschen, die ich traf, lehrten mich, was zu tun sei: mutig mich immer wieder zu wandeln, bis an die Grenzen und darüber hinaus zu gehen und dabei die Zeichen und die Nöte der Zeit zu sehen und sie stets neu zur Grundlage meines Handelns zu machen!

Dass nach meinem Tode das Werk immer weiter fortschritt, wuchs und bis zum heutigen Tage wächst überall auf der Welt – denn andernfalls wäret ihr heute nicht hier mit mir in diesem ehrwürdigen Hause Gottes –, dafür danke ich dem Herrn, der mich in meinem Leben durch dick und dünn getragen hat. Tief berührt bin ich, wie ihr in diesem Werk den hohen Wert der Solidarität auf so vielfältige Weise lebt: Mit "Hilfe zur Selbsthilfe" wahrt ihr die von Gott einem jeden Menschen eingegebene Würde, sät mit tätiger und wertschätzender Caritas Zukunftshoffnung für viele Menschen in den Ländern dieser Erde, auch in diesem. 

Ihr kennt mich als fleißigen Publizisten, dies will ich euch ins Herz einschreiben: Nehmt wahr, was um euch herum, im Haus nebenan wie auch in der Ferne vorgeht! Nehmt wahr, wo die Not ist, und nehmt an, was eure Aufgabe in dem Ganzen sei! Werdet zur Stimme der Verstummten, traut euren Eingebungen und euch etwas zu! Probiert neue Wege, solche, die vielleicht noch angelegt und befestigt werden müssen! Macht euch gemeinsam auf! Schließlich ist eure Stärke, dass ihr viele seid mit vielen Talenten und Fähigkeiten, dass ihr miteinander für andere als Familie zusammensteht. Treu dem Werk, dem ich meinen Namen geben durfte: Treu Kolping!