Mittwoch, 15. Dezember 2021

Wie eine kleine Pflanze in der Wüste


Impuls zum Jahresthema von Kolping im Diözesanverband Trier:


Wage zu träumen! Mit Zuversicht gemeinsam … gestalten


Schlägt man im Duden das Wort Zuversicht nach, wird folgende Erklärung geliefert: "festes Vertrauen auf eine positive Entwicklung in der Zukunft, auf die Erfüllung bestimmter Wünsche und Hoffnungen".
Aber woher kommt die Zuversicht, dieses feste Vertrauen? Was lässt uns Menschen in Zeiten voll Leid und Finsternis positiv nach vorn schauen?

Mir kommt da ein Lied aus Taizé in den Sinn, dass mich tröstet, wenn ich es singe und wieder singe:
     Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht,
     Christus, meine Zuversicht,
     auf dich vertrau ich und fürcht‘ mich nicht!
Im Gotteslob findet sich dieses Lied unter der Nummer 365. Zufall oder nicht: 365 Tage hat das Jahr und am Ende des Matthäusevangeliums sagt uns Jesus zu:
     Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28, 20)

Mit dieser Verheißung dürfen wir gut gerüstet nach vorn schauen. Wir gehen nicht allein durchs Leben. Gott liebt seine Schöpfung so, dass er selbst darin Mensch wird. Das glauben wir, das feiern wir an Weihnachten: die Geburt Jesu Christi, des Sohnes Gottes. 
Jesus teilt das irdische Leben mit uns von Anfang an – vom Kindsein, Heranwachsen, Erwachsensein bis hin zum Tod am Kreuz. Er selbst hat die Erfahrung von großem Leid und tiefer Finsternis gemacht und gehadert mit Gott damals im Garten am Ölberg. Und dennoch fühlt Jesus sich getragen von diesem Gott, den er Vater nennt, und erzählt in seinen Gleichnissen und all seinem Handeln von der Liebe dieses Gottes zu den Menschen. 
Das Geheimnis, das Jesus uns am Ende seines irdischen Lebens für unseren Glauben hinterlässt, ist Wandlung, ist Entwicklung und Veränderung, ist Auferweckung zu neuem Leben.

Aus dem Glauben an die Frohe Botschaft dürfen wir Zuversicht und Mut schöpfen, auch dann, wenn die Hoffnung verloren scheint. In der Wüste wächst eine kleine Pflanze, trotzig, mit kräftigen Wurzeln. Verwurzelt in Gott und mitten im Leben – so steht es im Leitbild des Kolpingwerks.

Wage zu träumen! Mit Zuversicht! Gemeinsam Leben gestalten!


Mittwoch, 27. Oktober 2021

In den Mund gelegt


anlässlich "30 Jahre Seligsprechung Adolph Kolpings"
(Pontifikalamt im Trierer Dom)


Gestatten, dass ich mich vorstelle. Vielleicht haben Sie mich auch schon erkannt.
Adolph Kolping, Priester mit besonderer Berufung!

Sie – oder vielleicht darf in guter Tradition sagen – ihr seid heute zusammengekommen, weil der Heilige Vater mich vor 30 Jahren zum Seligen erhoben hat. Wie heißt es in dem Gesetzestext für solche Verfahren: "Unter ihnen wählt Gott in jeder Zeit viele aus, damit sie, die dem Vorbild Christi in besonders enger Weise nachgefolgt sind, durch Vergießen ihres Blutes oder durch heroische Tugendübung ein vorzügliches Zeugnis für das Himmelreich ablegen." 

Nun, Märtyrerblut habe ich nicht vergossen und auch heroisch möchte ich mich selbst nicht nennen, aber die Tugenden des Christentums waren mir tägliche Übung und Richtschnur für mein Leben. Das habe ich in meiner eigenen Familie mit 4 Geschwistern, liebenden Eltern und einem nur allzu gütigen Großvater erfahren, verinnerlicht und es in meinen Gesellenvereinen den jungen Menschen ans Herz gelegt. Stets hat mich die Botschaft Jesu inspiriert, mir Ideen eingegeben, wie ich die Sorge für die Menschen in Not umzusetzen hätte in Taten, auf dass es deutlich werde, dass alle Menschen einer weltweiten Familie angehören. Darum bin ich mit dem Gesellenverein nicht in Elberfeld geblieben, sondern habe sogleich dort wieder einen Verein gegründet und Häuser für die Gesellen eröffnet, wo meine Lebenswege mich hinführten. Letztlich dienten die Stationen als Schustergeselle, als spätberufener Gymnasiast, Student und schließlich Priester nur dem einen großen Ziel: Gott und den Menschen zu dienen. Die Menschen, die ich traf, lehrten mich, was zu tun sei: mutig mich immer wieder zu wandeln, bis an die Grenzen und darüber hinaus zu gehen und dabei die Zeichen und die Nöte der Zeit zu sehen und sie stets neu zur Grundlage meines Handelns zu machen!

Dass nach meinem Tode das Werk immer weiter fortschritt, wuchs und bis zum heutigen Tage wächst überall auf der Welt – denn andernfalls wäret ihr heute nicht hier mit mir in diesem ehrwürdigen Hause Gottes –, dafür danke ich dem Herrn, der mich in meinem Leben durch dick und dünn getragen hat. Tief berührt bin ich, wie ihr in diesem Werk den hohen Wert der Solidarität auf so vielfältige Weise lebt: Mit "Hilfe zur Selbsthilfe" wahrt ihr die von Gott einem jeden Menschen eingegebene Würde, sät mit tätiger und wertschätzender Caritas Zukunftshoffnung für viele Menschen in den Ländern dieser Erde, auch in diesem. 

Ihr kennt mich als fleißigen Publizisten, dies will ich euch ins Herz einschreiben: Nehmt wahr, was um euch herum, im Haus nebenan wie auch in der Ferne vorgeht! Nehmt wahr, wo die Not ist, und nehmt an, was eure Aufgabe in dem Ganzen sei! Werdet zur Stimme der Verstummten, traut euren Eingebungen und euch etwas zu! Probiert neue Wege, solche, die vielleicht noch angelegt und befestigt werden müssen! Macht euch gemeinsam auf! Schließlich ist eure Stärke, dass ihr viele seid mit vielen Talenten und Fähigkeiten, dass ihr miteinander für andere als Familie zusammensteht. Treu dem Werk, dem ich meinen Namen geben durfte: Treu Kolping!

Mittwoch, 3. März 2021

Mit Zuversicht: Vision und Lebenstraum


"… und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist euch nahe!" (Lk 10,9b)
 











Was siehst du in den Zinnen des alten Klostertors auf dem Berg Karmel?
Kannst du sehen, was ich darin sehe? 

Zwei eiserne Wächter oder Wächterinnen,
übriggeblieben aus einer Reihe von vielen,
standhaft und pflichtbewusst, mutig und trotzig. 

Was lenkt ihren Blick und was ihr Tun?
Was verteidigen sie? Über was wachen sie dort, auf erhobenem Posten mit Blick in die weite Ebene?
Sie haben eine Aufgabe, vielleicht erwachsen aus einem Lebenstraum, einer Vision. Sie war und ist ihnen so wichtig, dass sie dieser Sache die Treue halten – und einander – und sich selbst.
 

Mich haben die beiden eisernen Wächter*innen dazu bewegt, mehr in ihnen zu entdecken, meinen Blick für sie zu öffnen und dieses Foto zu machen. Die Perspektive auf Dinge und Zusammenhänge verändern, dazulernen und meinen Horizont erweitern – so kann ich mich entwickeln, mir neue Wege und Möglichkeiten erschließen und meinen Lebensträumen entgegenwachsen. Allen Zweifeln und Unkenrufen zum Trotz!
Gegen Widerstände durch festgezurrte Traditionen und Strukturen oder gutgemeinte Ratschläge die eigenen Visionen und Träume zu verwirklichen, erfordert Mut und Ausdauer und Kraft. Jeder Umweg, jede Sackgasse und jedes Hindernis machen uns reicher an Erfahrung. Und immer wieder hilft der Blick von oben, von Bergeshöhen über die weite Ebene der eigenen Talente und Stärken.
 

Adolph Kolpings Traum war seit Kindertagen zu lesen, zu lernen, zu studieren und schließlich Priester zu werden. Das lenkte seinen Blick und sein Tun. Im Vertrauen auf Gott hat er zielstrebig Hürden genommen, seinen Lebenstraum verfolgt und wahrgemacht. Mit den Erfahrungen all seiner Lebensstationen konnte er dann das aufbauen, was heute im Kolpingwerk weiterwirkt. 

Was siehst du in den eisernen Torzinnen? Was lenkt deinen Blick und was dein Tun?
Kleide deine Vision in Worte, wage den ersten Schritt und vertrau auf deine Stärke!


"… du hast mich gelehrt, meine Flügel nie zu verstecken,
nach den verrücktesten Dingen zu streben
und immer an die Güte der Menschen zu glauben …"
aus dem Song "Dreamer" von Noa (Achinoam Nini)